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Wasserturm Al Kohbar

„Saudisierung“ führt zur Automatisierungs­welle in der Möbelindustrie

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07.08.2023   |   Dammam   |   Saudi-Arabien

  • Ein Besuch im beeindruckenden King Abdulaziz Center for World Culture gefolgt von einem saudischen Barbecue trugen zur guten Arbeitsstimmung und Zusammenarbeit bei. Links: Das Projekt-Team (Bildquelle: SCHULER Consulting), Rechts: Ihtra Gebäude (Quelle: sashapritchard, stock.adobe.com).

Autor: Peter Hartmann, SCHULER Consulting
Erschienen in HK-04 2023, Zur Online-Ausgabe

Die Regierung Saudi-Arabiens will durch die „Saudisierung“ den produzierenden Sektor des Königreichs von der manuellen Arbeit zu einer hochautomatisierten Industrie entwickeln. Kern der sogenannten „Saudisierung“ ist es, die Kosten für Arbeitsgenehmigungen ausländischer Produktionsarbeiter drastisch zu erhöhen, sodass die Betriebe mehr einheimische Fachkräfte einstellen und in eine effizientere und automatisiertere Fertigungen investieren. 2023 endet die fünfjährige Übergangsfrist der Kostenerhöhung für ausländische Arbeitsgenehmigungen. Damit stehen nun die Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität vieler Betriebe auf dem Spiel. Der saudische Möbelhersteller Al Joaib entschied sich, zu handeln und setzt auf die Unterstützung durch Schuler Consulting.   

Al Joaib ist ein Küchen-, Bad- und Wohnmöbelhersteller, der sich auf die Produktion, Lieferung und Montage von Möbeln für große neue Wohnprojekte spezialisiert hat. Das Projektgeschäft ist speziell für größere Siedlungsprojekte in der Größenordnung von drei- bis vierstelligen Wohneinheiten ausgerichtet. Al Joaib produziert nicht nur die Möbel, sondern führt zudem die Montageleistung vor Ort durch. Darüber hinaus nutzt der Hersteller fünf Prozent der Produktionskapazität für das Retailgeschäft und Sonderaufträge im hochwertigen Segment. Hier kooperiert Al Joaib auch mit namhaften europäischen Möbelherstellern wie Bauformat Küchen & Noteborn.

Das erste Ziel im Optimierungsprojekt mit Schuler Consulting bestand darin, Personal einzusparen. Zudem will Al Joaib den Ressourceneinsatz in der Produktion optimieren und in der Fabrik einen neuen Maschinenpark auf dem aktuellen Stand der Technik implementieren. Mit insgesamt 82 Mitarbeitern (33 in der Produktion, 49 Angestellte) produziert Al Joaib im Einschichtbetrieb etwa 20.000 Schränke pro Jahr. Die Hauptprodukte sind Küchen im „Euro-Stil“, Waschtischunterschränke und Einbauschränke. Bis vor ein paar Jahren war der Hersteller für seine Küchen mit Massivholzfronten sehr bekannt. Dieser Trend hat sich gewandelt: Heute sind flache, melaminbeschichtete Fronten gefragt. Al Joaib genießt in seinem Marktsegment im Königreich Saudi-Arabien ein hohes Ansehen, das vor allem auf dem guten Kundenservice und der pünktlichen Lieferung qualitativ hochwertiger Produkte beruht.

Projektetappen: 1. Produktivität pro Mitarbeiter erhöhen

Der Auftrag von Al Joaib an Schuler Consulting lautet, ein solides und zukunftsfähiges Produktionskonzept für die Fertigung auszuarbeiten. Im ersten Schritt ging es dabei nicht um eine Kapazitätssteigerung, sondern darum, die Produktivität pro Arbeiter zu erhöhen, sprich, den gleichen Output mit einer minimierten Belegschaft zu erreichen. Das Ziel war, die Belegschaft um 30 Prozent zu verkleinern. Durch die umfassende Analyse aller Produktionsprozesse und der daraus abgeleiteten Optimierungen wurde der Zielwert übertroffen: Der Planwert im optimierten Produktionskonzept liegt nun bei 37 Prozent weniger Personaleinsatz.

Im zweiten Schritt ging es darum, das Produktionskonzept skalierbar aufzustellen, um zukünftige Entwicklungsschritte zu ermöglichen. Beispielsweise kann Al Joaib die Kapazität im Einschichtbetrieb verdoppeln, indem Schritt für Schritt an bekannten Bottlenecks investiert wird. Durch diese Investitionen kann Al Joaib die Engpässe in der Produktion beheben und ist in der Lage mit minimaler Aufstockung der Belegschaft den doppelten Output zu erreichen.

2. Optimierungen im Bereich Zuschnitt, Bekantung, Montage

Große Optimierungen lagen im Bereich des Zuschnitts, der Bekantung, in der Montage sowie in der Logistik. Im Zuschnitt konnte das Teilehandling effizienter gestaltet werden: Hier werden nun weniger Mitarbeiter benötigt, um die zugeschnittenen Bauteile abzustapeln. Zudem soll in der Zukunft eine softwaregestützte Zuschnittoptimierung mit einer Importfunktion aus der Arbeitsvorbereitung die Abläufe an der Säge vereinfachen und optimieren.

Beim Arbeitsschritt der Bekantung ist die Investition in eine neue Kantenanleimmaschine nötig, da die aktuellen Kantenanleimmaschinen keine zufriedenstellende Kantenqualität liefern und somit viel Nacharbeit durch die Entfernung von Klebstoffüberesten entsteht. Im aktuellen Tagesgeschäft setzt Al Joaib viele Ressourcen ein, um die Klebstoffrückstände zu beseitigen. Eine neue Kantenanleimmaschine macht diese Nacharbeit überflüssig und minimiert zudem die Rüstzeiten. Zusätzlich wird eine Rückführung implementiert, wodurch die Effizienz im Teilehandling steigt.

In der Montage findet die größte strukturelle Änderung statt: Hier wird ein neues Montagekonzept, eine Fließfertigung mit Korpuspresse, implementiert. Derzeit bauen die Mitarbeiter die Schränke an verschiedenen Montageplätzen in der Produktion manuell zusammen. Auf diese Weise ist man zwar flexibler, aber nicht effizient. Im neuen Konzept werden die einzelnen Montageschritte in einer Fließfertigung in optimierten Arbeitsbereichen entlang eines Montagebandes angeordnet. Hierzu gehören u.a. eine separate Vormontage für Schubkästen und Frontbeschläge, sowie ein optimierter Vorsteckplatz, Front- und Schubkastenmontage und angegliederte Verpackung. Küchen- und Badschränke werden aktuell in der Montage in Handarbeit verschraubt. Künftig können die Schränke durch den Einsatz einer Korpuspresse mit einer reinen Dübelverbindung zusammengepresst werden. Der Montage vorgelagert wird es in Zukunft außerdem einen Kommissionierbereich für die Korpusteile und Fronten geben. Im Anschluss an die Montage, wurde die Verpackung wurde so gestaltet, dass sowohl montierte Korpen, als auch Flatpacks effizient verpackt werden können.

Bei der Logistik in der Vorfertigung setzt Al Joaib künftig konsequent auf ein Transport- und Puffersystem in Form von Rollenbahnen. Aktuell findet der Transport noch manuell mit Hubwagen statt. Zudem fehlt es derzeit an Pufferplätzen zwischen den Prozessen, was problematisch beim Ausgleich von Produktionsschwankungen ist. In Zukunft soll der Transport über Rollenbahnen leichter und ohne Hilfsmittel möglich sein. Neu angeordnete, feste Pufferplätze erlauben zum einen eine simplere Zwischenlagerung von Bauteilen zwischen den Prozessen, zum anderen können sie die Produktionsmengen in vorgelagerten Prozess begrenzen und somit eine Überproduktion verhindern. Das neue Logistikkonzept vereinfacht den Materialfluss in der Fertigung, sodass die Teile effizienter und geregelter durch die Fertigung fließen. Diese Regulierung ermöglicht eine bessere Steuerung des Produktionsgeschehen und schafft zusätzlich mehr Transparenz über die Produktionsleistung.

3. Flexibles Bohrkonzept für die Produktion

Um die Flexibilität, Genauigkeit und Qualität beim Bohren zu verbessern, investiert Al Joaib in neue Bohrmaschinen. Die Investition in diese neuen Maschinen erfordert zwar einen ähnlich hohen Mitarbeitereinsatz, die entscheidenden Mehrwerte liegen hier allerdings in einer flexibleren, effizienteren und qualitativ besseren Bauteilbearbeitung. Speziell die Rüstvorgänge werden erheblich minimiert und die Nacharbeit durch ungenaue Bohrungen eliminiert. Obwohl Al Joaib im Bereich des Projektgeschäftes agiert, rechtfertigen die Produktionsmengen nicht die Anschaffung einer Hochleistungsbohrmaschine. Aus diesem Grund, und um die Skalierbarkeit aufrecht zu erhalten, kommt ein flexibleres Bohrkonzept zum Einsatz, welches das gesamte Teilespektrum effizient abfertigen kann. Durch die flexible Bearbeitung können die Losgrößen minimiert werden. Dadurch entsteht mehr Flexibilität in der Produktionsplanung und der späteren Auslieferung.

Ausblick

Al Joaib hat die staatlich vorangetriebene Modernisierungsoffensive genutzt, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Ob andere Betriebe das auch schaffen, ist abzuwarten. Es rollt eine Modernisierungs-, Digitalisierungs- und Automatisierungswelle auf Saudi-Arabien zu, die nicht nur Gewinner hervorbringen wird. Die Botschaft ist klar: Wer nicht mitzieht und modernisiert, um sich wettbewerbsfähig aufzustellen, wird langfristig sein Business einstellen müssen. Der Geschäftsführer, Mohammed Al Joaib, ist mit den Resultaten des Projekts zufrieden und freut sich über die Unterstützung von Schuler Consulting: "Ich freue mich sehr, dass wir SCHULER Consulting für die Verbesserung unserer Möbelproduktion gewinnen konnten. Die Erwartungen sind hoch, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit, um diese Ziele zu erreichen. Das Projekt ist ein Teil unserer ständigen Weiterentwicklung, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen."

Im Optimierungsprojekt mit Al Joaib hat das Schuler Team viele Potenziale aufgedeckt. Der Möbelhersteller will auf diesem Fundament aufbauen und gemeinsam mit Schuler weitere Projekte, wie beispielsweise die Digitalisierung der Produktion und der Arbeitsvorbereitung, vorantreiben. Hier steht unter anderem die Implementierung eines neuen CAD/CAM Systems und der Einsatz der Digitalen Wertstromoptimierung durch Schuler auf der Liste. Die Investitionen in den Bereichen der Digitalisierung machen sich speziell zur aktuellen Stunde in Saudi-Arabien bezahlt. Projekte, die unter den Bereich „Industrie 4.0“ fallen, subventioniert der Staat aus verschiedenen Fördertöpfen mit bis zu 75%.

Die Zusammenarbeit von Al Joaib und Schuler Consulting geht also weiter, bestätigt auch Sales Manager Ahsraf Anwar: „Mein Wunsch ist es, eine gut organisierte Möbelfabrik zu schaffen, die in der Lage ist, unsere Produktionsziele zu erreichen und die von unseren Kunden geforderten Lieferzeiten einzuhalten. Schuler Consulting liefert uns den Fahrplan zum Erfolg - die professionelle Beratung online und insbesondere vor Ort sowie das Know-how machen den entscheidenden Unterschied."

Neben den vielen interessanten Einblicken in die Produktion von Al Joaib und den verschiedenen erfolgreichen Projektetappen war das Projekt von kulturellen Highlights geprägt: Ein Besuch im beeindruckenden King Abdulaziz Center for World Culture gefolgt von einem saudischen Barbecue trugen zur guten Arbeitsstimmung und Zusammenarbeit bei.

Über den Autor:

Peter Hartmann ist Senior Consultant bei SCHULER Consulting und in Europa und Südostasien aktiv. Er unterstützt Unternehmen aus der Möbel- und Holzbauindustrie beim Aufbau und der Umsetzung effizienter, moderner Fabriken.

„Mein Wunsch ist es, eine gut organisierte Möbelfabrik zu schaffen, die in der Lage ist, unsere Produktionsziele zu erreichen und die von unseren Kunden geforderten Lieferzeiten einzuhalten. SCHULER Consulting liefert uns den Fahrplan zum Erfolg - die professionelle Beratung online und insbesondere vor Ort sowie das Know-how machen den entscheidenden Unterschied.“

Ahsraf Anwar, Sales Manager (Al Joaib Furniture)

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