Die Produktion ist keine Lagerhalle. Es sollte immer nur so viel Material am Arbeitsplatz bereitgestellt werden, wie für die nächsten Stunden bis maximal zwei Tage benötigt wird – dafür aber im direkten Zugriff. Denn jedes Mal, wenn sich ein Mitarbeiter vom Elementtisch entfernt, um Material zu holen, unterbricht er seine Haupttätigkeit und Zeit wird verschwendet. Ein Logistiker kann da Abhilfe schaffen.
Nicht selten hört man in Unternehmen Sätze wie: «Wir brauchen keinen Logistiker, wir können es uns nicht leisten, einen Mitarbeiter einzustellen, der nicht wertschöpfend ist.» Diese Aussage ist rasch widerlegt, wenn der Unternehmer für zehn Minuten in der Halle stehen und zuschauen würde, welche Mitarbeiter gerade wohin gehen. Oft kann er dann beobachten, dass viele Mitarbeiter unproduktiv sind – statt nur einem, der dafür aber den Überblick über die Produktion hätte. Nicht selten wird auch der Staplerfahrer als Logistiker eingesetzt und per Mobiltelefon oder Funk über das Areal gejagt. Dann kann es vorkommen, dass er gerade einen LKW ablädt und nicht verfügbar ist, wenn in der Halle schon das nächste Material gebraucht wird. Eine effiziente Produktion sieht anders aus.
Die Funktion des Logistikers
Ein Logistiker, wie er in Holzbaubetrieben gebraucht wird, macht mehr als nur Gabelstapler fahren: In Betrieben mittlerer Grösser hat er in der Regel folgende Aufgaben:
- Materialbereitstellung für die Fertigung und für die Baustelle
- Wareneingang, Beschriftung, Lieferscheinkontrolle, Materialprüfung
- Verwaltung und Bestellung der Lagerware
- Rüstservice für die Baustelle
- Entsorgung, Restmaterial von der Baustelle wegräumen
- Wartung von Handmaschinen, Werkzeugbereitstellung
- Liegenschaftsunterhalt und Verantwortung für Heizung und Druckluft
Diese Tätigkeiten werden zwar auch ohne Logistiker im Unternehmen erledigt, jedoch verteilt auf viele Schultern und zwischen der wertschöpfenden Tätigkeit. Weil niemand die Stunden dafür aufschreibt, werden diese auch nicht beachtet. Und weil diese Tätigkeiten von vielen gemacht werden, ist es schwierig, die Abläufe effizient zu gestalten und eine Ordnung einzuhalten.
Die vermisste Palette
Platzprobleme in den Hallen kennen fast alle Unternehmen. Doch wenn viel Material herumsteht, müssen alle Mitarbeiter x-mal Umwege gehen. In einem Beispiel aus der betrieblichen Praxis wurde eine Palette für eine Baustelle gerüstet und geradewegs dort abgestellt, wo noch Platz war: mitten in der Produktion, zwischen der Plattensäge und dem Elementtisch. Nach zwei Wochen stand die Palette immer noch dort. Übrigens wurde diese Palette zwischenzeitlich auf der Baustelle vermisst, in der Produktion nicht gefunden und die Teile mussten deshalb auf der Baustelle aus ganzen Platten neu zugeschnitten werden. Ein Logistiker würde sofort erkennen, dass diese Palette hier am falschen Ort steht, und das Material so umlagern, dass es für die Baustelle bereit steht.
Bestellt und gelagert
Bestellt? Nicht bestellt? Wo gelagert? Wer hat es gesehen? Wer weiss Bescheid? Das sind die häufigen Fragen in der Produktion. Das gilt für die einfachen Dinge wie Einweghandschuhe, Klammern oder Windpapier, aber auch für Plattenmaterialien. Oft fehlen den Mitarbeitenden die nötigen Informationen; die Bestellungen liegen im Büro, das Material vom Lieferanten ist nicht wie gewünscht angeschrieben, von den Balkenschuhen ist nur eine Teillieferung gekommen … Nicht wenige Unternehmen greifen in der Materialwirtschaft auf Softwareprogramme zurück, welche die Lagersteuerung und -organisation übernehmen. Doch wenn Material ohne eine Rückmeldung ans System entnommen wird, müssen die Bestände nach einigen Monaten neu überprüft und korrigiert werden.
Um zu wissen, wie oft ein Projektleiter pro Woche mit Rückfragen betreffend fehlendes oder falsches Material in der aktuellen Tätigkeit gestört wird, wurde in einem Praxisbeispiel ein Projektleiter beauftragt, eine einfache Sammelliste zu führen. Am Ende einer Woche hatte er 30 Striche auf seiner Liste. So oft wurde er aus der Arbeit gerissen, hat Unterlagen geprüft, Lieferanten angerufen, selbst im Lager nachgeschaut. Hilfreich wären hier ein stabiler Prozess im Wareneingang und eine Lagerbewirtschaftung mit einem Kanban-System (Methode aus dem Lean Management, Toyota-System), das ein Logistiker perfekt beherrschen sollte.
Rüstzeiten senken
Die Effizienz in der Produktionshalle, ob für den Elementbau oder für den Abbund, fällt bei einem Wechsel von einem Bauvorhaben zum nächsten deutlich ab. Auch der Wechsel von einem Wandaufbau zu einem anderen, am selben Tisch, hat einen Effizienzverlust zur Folge. Die verlorene Wertschöpfung während des Umrüstens kann nicht mehr aufgeholt werden. Die Problematik entsteht dann, wenn das alte Material aus der Halle raus und das neue rein muss. Sind die Platzverhältnisse eng, werden die Materialien mit dem Hallenkran getauscht und in eine Ecke gestellt. Der Hallenkran ist allerdings das langsamste Transportmittel. Während des Materialtauschs stehen schnell mal drei, vier Mitarbeiter herum und schauen nur zu.
Wenn jedoch für einen Logistiker mit einem einfachen Übersichtsplan definiert wird, wann und wo welches Material für die weitere Verarbeitung platziert werden soll, dann kann er das gut vorbereiten. Während die letzten Wände fertiggestellt werden, kann der Logistiker schon das nächste Material bereitstellen.
Für die Materialbereitstellung in der laufenden Fertigung hat der Logistiker einen Fahrplan (Milk-Run), auf den sich die Produktionsmitarbeiter verlassen können. Er entsorgt die Fertigungsabfälle aus der Halle, er füllt die Lagermaterialien an den Arbeitsplätzen auf und er weiss, welche Fensterböcke als Nächstes in die Halle gestellt werden müssen. So reicht zum Beispiel ein Rundgang des Logistikers am Vormittag und er sieht, wo er am Nachmittag auffüllen kann. Somit sind 80 Prozent der Hol- und Suchwege der Mitarbeiter am Elementtisch nicht mehr nötig.
Den Logistiker etablieren
Die Einführung eines Logistikers im Unternehmen erfordert eine Vorbereitungs- und Einarbeitungsphase. Der Betrieb muss lernen, mit dieser Dienstleistung umzugehen, und die Aufgaben des Logistikers müssen genau definiert werden. In der Vorbereitungsphase muss bei allen Mitarbeitenden das Verständnis geschaffen werden, dass ein Logistiker eine direkte Unterstützung ist. Diese Sensibilisierung wird beispielsweise mit einfachem Aufschreiben, einem Spaghetti-Diagramm oder einem Schrittzähler durchgeführt. Dies zeigt auf, wie viele Minuten die Mitarbeiter pro Tag nicht im wertschöpfenden Prozess tätig sind.
Feldwebel und Zudiener
Der Logistiker hat eine Schnittstellenfunktion und diese ist nicht ganz einfach zu besetzen. Es braucht eigentlich einen Typ Feldwebel, der sich durchsetzen kann, und einen Dienstleister. Er muss den Holzbau kennen, sich selbständig organisieren können und darf, wenn es eilt, den Überblick und die Nerven nicht verlieren. Für diesen Posten ist oft ein älterer Mitarbeiter prädestiniert, der nicht mehr auf den Baustellen arbeiten möchte. Nur darf der Logistiker nicht als Aufräumdienst missbraucht werden. Es braucht also Spielregeln, was der Logistiker machen soll und was er nicht machen wird. Das ist für den Erfolg dieser Funktion entscheidend. Damit der Logistiker seinen Dienstleistungsjob erfolgreich umsetzen kann, benötigt er folgende Informationen:
- wann der nächste LKW mit Material entladen werden soll
- welche Wandelemente in welcher Reihenfolge an diesem und in den folgenden zwei Tagen produziert werden (Produktionsplanung)
- wann ein grösserer Produktionswechsel ansteht (zum Beispiel von Dach- auf Wandelemente)
- ob es im Wareneingang Teillieferungen und Ausstände für Materialien gibt
- wann und wo die Materialien für die Produktion oder für die Baustelle bereitstehen sollen
Einarbeitung des Logistikers
Das Zusammenspiel von Anforderungen, Organisation, Terminplan und Verfügbarkeit ist für den Logistiker nicht einfach zu koordinieren. Diese Vorbereitungen sind am effizientesten in Workshops umzusetzen. Im bereits oben erwähnten Beispiel konnte den Produktionsmitarbeitenden so die Verschwendung aufgezeigt und gleichzeitig konnten deren Bedürfnisse und Wünsche an den Logistiker aufgenommen werden. Mit Skizzen, Klebeband und vielen guten Ideen konnte nach wenigen Stunden der Materialfluss deutlich verbessert werden. Als Ergebnis wurde beispielsweise das Material statt mit dem Hallenkran nun mit einfachen Röllchenbahnen von Hand an den Arbeitsplatz geschoben. Mit diesen Vorbereitungen verliefen die Einarbeitungsphasen entspannt. Zwar brauchte es in den ersten zwei Wochen noch die ein oder andere Anpassung im Tagesablauf, doch die Mitarbeiter kannten nun die Rolle und Funktion des Logistikers.
Ordnung mit System
Logistiker haben eine überaus wichtige und zentrale Funktion in Holzbauunternehmen eingenommen. Die Effizienzsteigerungen nach ihrer Berufung zeigen dies deutlich. Die Mitarbeiter in der Produktion schätzen die Dienstleistung und informieren gerne über den Tagesablauf und die nächsten Rüstphasen. Vor allem die Projektleiter gewinnen dadurch mehr Zeit für ihre Kernaufgaben und werden weniger aus ihrer Arbeit gerissen.
Die Logistik ist nichts für Schlafmützen; hier wird Ordnung mit System praktiziert. Dies ist ein Dienstleistungsangebot an die Fertigung und wesentlich, damit das richtige Material am Arbeitsplatz bereitsteht. Durch die eindeutige Verantwortlichkeit wird ein stabiler Prozess sichergestellt und Fehler nehmen ab. Mit Hilfe von einfachen Methoden werden Lagerbestände geführt, der Wareneingang wird abgewickelt und dokumentiert und die Materialberge werden gestaffelt und entsprechend dem Arbeitsfortschritt in die Produktion geschafft. Der Logistiker braucht also Informationen, dann kann er sein System sauber aufbauen und wird in deutlich weniger Stunden viel für eine effiziente Produktion leisten.